Anke Stelling liest aus ihrem Roman „Schäfchen im Trocken“ und aus dem Erzählband „Grundlagenforschung“ im Neuen Ravensburger Kunstverein
Die Schriftstellerin Anke Stelling liest am 30.09.2021 um 20 Uhr aus ihrem Roman „Schäfchen im Trockenen“, für welchen sie 2019 mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet wurde, und ihrem neuen Erzählband „Grundlagenforschung“ im Neuen Ravensburger Kunstverein. In ihrem Roman „Schäfchen im Trockenen“ seziert die Autorin mit klarem Blick, wie schnell das egalitäre Selbstverständnis der neuen Bürger an seine Grenzen stößt, wenn sich zwischen symbolischem und realem Kapital eine Kluft auftut.
Resi hätte wissen können, dass ein Untermietverhältnis unter Freunden nicht die sicherste Wohnform darstellt, denn: Was ist Freundschaft? Die gehört bekanntlich beim Geld auf. Die ist im Fall von Resis alter Clique mit den Jahren so brüchig geworden, dass Frank Lust bekommen hat, auszusortieren, alte Mietverträge inklusive. Resi hätte wissen können, dass spätestens mit der Familiengründung der erbfähige Teil der Clique abbiegt in Richtung Eigenheim und Abschottung und sie als Aufsteigerkind zusehen muss, wie sie da mithält. Aber Resi wusste es nicht. Noch in den Achtzigern hieß es, alle Menschen wäre gleich und würden durch Tüchtigkeit und Einsicht demnächst auch gerecht zusammenleben. Das Scheitern der Eltern in dieser Hinsicht musste verschleiert werden, also gab´s nur drei Geschichten aus dem Leben ihrer Mutter, steht nicht mehr als ein Satz in deren Tagebuch. Darüber ist Resi reichlich wütend. Und entschlossen, ihre Kinder aufzuklären, ob sie´s wollen oder nicht. Sie erzählt von sich, von früher, von der Verheißung eines alterativen Lebens und der Ankunft im ehelichen und elterlichen Alltag. Und auch davon, wie es ist, Erzählerin zu sein, gegen innere Scham und äußere Anklage zur Protagonistin der eigenen Geschichte zu werden.
In ihrem Erzählband „Grundlagenforschung“ vermag man sämtliche Motive, Themen, ja geradezu die gesamte literarische Welt der Autorin Anke Stelling zu entdecken – und diese Erforschung ist nicht nur für Stelling-Fans faszinierend.
Schnell gehen sie vorbei, die Sekunden der Erkenntnis. Sie müssen festgehalten werden! Oder erst erzeugt anhand von Figuren. Beziehungen, außerordentlichen Begebenheiten. Das Leben ist undurchsichtig und erzählenswert. Und es gilt, in diesem Leben vorzukommen, zwischen all den Wünschen und Enttäuschungen, den gesellschaftlichen Normen und alltäglichen Herausforderungen. Wer bin denn hier überhaupt? Wer könnte ich sein?
Die nervöse Zwanzigjährige, die hofft, dass ihr Freund anruft. Die hoffnungsvolle Dreißigjährige, die glaubt, dass bei ihr alles anders wird. Anders zumindest als bei der ätzenden Ex, die doch hätte wissen müssen, dass Kinderkriegen auch keinen Ausweg darstellt. Oder bin ich vielleicht sogar die? Es ist gut, ein paar Erzählungen als Wegweiser zu haben. Für jetzt – und für später. Sag nicht, du hättest es nicht gewusst! Hier steht es doch, schwarz auf weiß, und Spaß macht es auch noch.
Anke Stelling, 1971 in Ulm geboren, absolvierte ein Studium am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. 2004 wurde ihr gemeinsam mit Robby Dannenberg verfasster Roman „Gisela“ verfilmt, 2010 die Erzählung „Glückliche Fügung“.
Der Eintritt kostet 8,00€. Die Eintrittskarten sind im Vorverkauf in der Buchhandlung Anna Rahm oder an der Abendkasse erhältlich. Die Lesung findet im Rahmen der Veranstaltungsreihe „textraumwohnung“ statt und wird gefördert durch das Bundesprogramm „Neustart Kultur“.